Ein landwirtschaftliches Ausbildungszentrum in Mali

(Stand: März 2021)

 Das Centre de Formation Professionelle en Transformation Agro-Alimentaire in Siby, kurz Centre Agro-Alimentaire Siby (CAAS) ist eine berufsbildende Einrichtung vornehmlich für Mädchen und junge Frauen in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft Malis. Die jungen Frauen sollen dort mit Methoden der Bodenverbesserung, modernen, produktiven und nachhaltigen landwirtschaftlichen Anbau- und Produktionstechniken, sowie Verfahren der Lebensmittelverarbeitung und -konservierung vertraut gemacht werden. Dazu gehört auch der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und die Nutzung moderner Kommunikationsmedien für die Vermarktung.   

Es sind die Frauen, die in Mali den dorfnahen, kleinbäuerlichen Garten- und Obstbau (etwa: Auberginen, Tomaten, Erdnüsse, Zwiebeln, Kartoffeln, Bohnen sowie Mangos, Guaven, Citrus-Früchte etc.) und die Viehwirtschaft (Federvieh, Kühe, Schafe, Ziegen) sowie die kleingewerbliche Verarbeitung der Feldfrüchte, meist zu deren Konservierung, betreiben. Deshalb konzentriert sich das CAAS vor allem auf die Förderung der Mädchen und Frauen.

Das CAAS entsteht in Siby, einer ländlichen Kleinstadt und dem benachbarten Dorf Kalassa. Beide liegen im Mandé, einer Landschaft im Südwesten Malis, nach Norden vom Mandingo-Gebirge begrenzt, nach Süden vom Fluss Niger. Zu ihr gehören fünf ländliche Gemeinden; Siby liegt in ihrer Mitte, sechzig Kilometer südwestlich von der Hauptstadt an der Nationalstraße Nr. 5, einem Knotenpunkt auf dem Weg nach Guinea. Hier findet jeden Samstag der größte Wochenmarkt südwestlich von Bamako statt. Der Standort ist für ein Berufsbildungszentrum deshalb besonders geeignet. Auf der gut ausgebauten Asphaltstraße der Route Nationale Nr. 5 ist Bamako in einer Stunde zu erreichen. Die Hauptstadt ist der eigentliche Absatzmarkt.  Die Bevölkerung des Mandé besteht im Wesentlichen aus Malinke und Bambara, zwei Ethnien, die Ackerbau betreiben. Abholzung, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit, starkes Bevölkerungswachstum, Klimawandel und die damit spärlicher werdenden Niederschläge lassen die pro-Kopf-Erträge aus dem Ackerbau sinken, die ländliche Armut zunehmen und erzeugen Landflucht. Ziel ist es, dem entgegenzuwirken, das Einkommen ländlicher Familien zu erhöhen und Versorgungsengpässen vorzubeugen. Das Zentrum soll auch in den weiteren ländlichen Raum und nicht nur in die unmittelbare Umgebung hineinwirken.

Die Kommune Siby bot dem CAAS zwei Kilometer westlich von Siby ein Gelände für den Campus, den schulischen Teil des CAAS an. Der Campus (1ha) besteht aus drei Seminarräumen, Internatsplätzen für 48 Auszubildende, einem multimedialen Kulturzentrum, Refektorium, Bibliothek, Labor, Büro und drei kleinen Gästehäusern für Forschende und Lehrende. 

Ein landwirtschaftliches Ausbildungszentrum in Mali

im Oktober 2018 begonnenen Bauarbeiten wurden im Herbst 2021 vollendet und der Campus am 2. Dezember 2021 ein geweiht. Da viele der Mädchen und jungen Frauen – meist aus finanzieller Not – den rudimentären Schulbesuch vor Erreichen der eigentlich obligaten neunten Grundschulklasse verlassen haben, sind Vorbereitungskurse vonnöten, um die Auszubildenden auf das Niveau des Grundschulabschlusses zu bringen. Sie sollen einem einfachen Unterricht in französischer Sprache folgen können, die Grundrechenarten beherrschen und Grundzüge der Heimatkunde und der Geschichte Malis kennen. Ein erster solcher Vorbereitungskurs findet schon seit Dezember auf dem Campus statt.

Die Abhängigkeit von Naturereignissen und die Unberechenbarkeit der Ernten haben die afrikanische Gesellschaft viele Formen praktischer Solidarität hervorbringen lassen: Gruppen und Vereine, die auf gegenseitiger Hilfe basieren. Dies gilt vor allem für Frauen. Im Mandé gibt es eine Fülle solcher Vereinigungen und Genossenschaften. Diese sind die eigentliche Zielgruppe des CAAS: denn über sie finden neue Denkweisen und Methoden des Anbaus oder der Verarbeitung die gewünschte gesellschaftliche Verbreitung. Praktische Fortbildungsveranstaltungen für Mitglieder dieser Vereinigungen finden großen Anklang (Themen: Kompostierung, Anpflanzung von Bäumen, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit u.a.). Bis zu vierhundert Frauen sollen dadurch pro Jahr fortgebildet werden. 

 Für den selbstbestimmten Weg besonders auch der Frauen aus Armut und Unwissenheit braucht es nach Überzeugung des CAAS eine grundlegendere und längerfristige Art von Ausbildung und Supervision. Gemeinsam mit den Frauen des Mandé haben wir uns auf eine einjährige praktische Ausbildung mit theoretischer Unterfütterung geeinigt: Ackerbau, Gartenbau und Kleinviehhaltung, jeweils vier Monate.

Es bestehen intensive Kontakte zur nationalen Hochschule für Landwirtschaft in Katibougou (Teil der malischen Universität), zum nationalen Institut de l’Économie Rurale (IER) und zum International Crops Research Institute for the Semi-Arid- Tropics (ICRISAT). Mitarbeiter dieser Institutionen ermöglichen für das CAAS kompetente Beratung und wissenschaftliche Begleitung.

Direkt gegenüber dem Campus befindet sich der Annex, eine kleine Wohnanlage mit acht Wohnhäusern für die Angestellten und Gäste des CAAS. Er wurde aus einem heruntergekommenen Bestand neu hergerichtet und modernisiert. Die Bauarbeiten wurden im Januar 2021 nach einem halben Jahr Bauzeit beendet.

Unweit des Campus liegt im Dorf Kalassa der ein Hektar große Schulgarten mit Beeten der Auszubildenden und experimentellen Flächen (Kalassa 2) und einen km weiter westlich der Route National der landwirtschaftliche Lehr – und Verarbeitungsbetrieb für die praktische Ausbildung mit einem Gelände von 5 ha (Kalassa 1) für Acker- und Gartenbau sowie Kleintierhaltung (siehe Lageplan), der 2022 fertig gestellt sein wird. Das Zentrum soll auch in den weiteren ländlichen Raum und nicht nur in die unmittelbare Umgebung hineinwirken.

Die CAAS hat an den Liegenschaften kein Eigentum erworben, sondern hat sich in Form von Partnerschaftsverträgen deren unbefristete Nutzung gesichert. Bohrbrunnen und Wassertürme auf diesen Geländen sichern die Wasserversorgung. Den Strom für beide Einheiten produziert auf den Dächern der Gebäude eine moderne Photovoltaik-Anlage mit entsprechenden Speichereinheiten und einer Kapazität von 101 kWp-.

 Der Gouverneur der Region von Koulikoro – zu ihr zählt die Präfektur von Kati – hat die Gründung des Zentrums in Siby im Februar 2018 autorisiert. Der Minister für Beschäftigung und Berufsbildung erteilte dem Zentrum im März 2018 seine offizielle Zustimmung. Der zuständige Minister (Ministère de l’Entreprenariat National, de l’Emploi et de la Formation Professionnelle) ist derzeit Mohamed Salia Touré aus dem Kabinett der Übergangsregierung. Im Ministerium ist Herr Yacouba Garba Maiga, conseiller technique für das CAAS zuständig. Wegen seines innovativen und experimentellen Charakters ist das CAAS nicht der direction nationale de la formation professionnelle zugeordnet, sondern direkt an das Ministerium angebunden.

Die architektonische Planung liegt in den Händen des Münchener Büros Wieland Schmidt ArchitektenDie Bauarbeiten führt das malische Unternehmen Métal Soudan aus. Für die Haus- und Solar-Technik zeichnet das malisch-deutsche Unternehmen Yandalux verantwortlich.

Angesichts der Größe und Komplexität des Vorhabens wurde für den Aufbau des Zentrums eine gesonderte, unabhängige und gemeinnützige GmbH gegründet, die

Centre Agro-Alimentaire Siby (CAAS) gGmbH
– gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung –
Dr. Gunthard Weber
Schloßhof 6
D-69168 Wiesloch
info (at) caas-mali (punkt) de

Das CAAS Projekt-Team besteht aus:

Dr. Henner Papendieck,  Projektkoordinator. Entwicklungsökonom. 1994 bis 2011 Koordinator des Programm Mali-Nord (GIZ/KfW); 1982 bis 1988 Landesbeauftragter des DED in Ghana; zuvor, anschließend und zwischendurch entwicklungspolitischer Gutachter und Berater für BMZ, GIZ, KfW und andere.

Salaha BabyCoordinateur national. Ingénieur agronome. 2000-2017 Mitarbeiter des Programms Mali-Nord, dort lange Jahre Leiter der Niederlassung in Diré und später nationaler Koordinator (ad interim).

Alassane Boré ist seit dem Frühjahr 2020 für die landwirtschaftliche Ausbildung und Produktion zuständig, ingénieur agronome, (Katibougou).

Salimata Camara bekleidet seit dem September 2019 die Position der intendante des Campus und ist zugleich Gemeinderätin der ländlichen Kommune von Siby.

 Fatoumata Samaké bringtals secrétaire administrative das organisatorische und soziale Wissen aus dem Zentrum Jigiya Bon des Vereins Häuser der Hoffnung – Schulbildung für Afrika e.V. in Daoudabougou, Bamako, ein.

Dr. Gunthard Weber  Geschäftsführer der gGmbH und Projektkoordinator, Systemischer Berater und Therapeut; Gründer/Mitbegründer zahlreicher Gesellschaften und Institute der Systemtherapie. 2004 gründet er mit anderen nach einem Besuch in Mali den Verein Häuser der Hoffnung und engagiert sich dort seitdem für die Schul- und Berufsbildung. Ende 2017 gab er den Vorsitz des Vereins ab und widmet sich seitdem vornehmlich dem dem CAAS Siby.

Prof. Dr. Fritz B. Simon, Geschäftsführer der CAAS gGmbH, Professor für Führung und Organisation an der Universität Witten/Herdecke. Familientherapeut und systemischer Organisationsberater; Autor von über 25 Büchern. Mitgründer und Geschäftsführer des Carl-Auer Verlages und der Simon, Weber and Friends GmbH für Systemische Organisationsberatung.

Elvira Schwebler, Prokuristin der CAAS gGmbH, betreut seit 2018 die Finanzen der CAAS gGmbH. Desweiteren ist sie Prokuristin des Carl-Auer Verlages, der Simon, Weber and Friends GmbH und der Simon Weber Friends Systemische Organisationsberatung GmbH.

Der gemeinnützige Verein Häuser der Hoffnung – Schulbildung für Afrika e.V.  ist einer der drei Gesellschafter der gGmbH. Häuser der Hoffnung e.V. (engerer Vorstand Dr. Gudrun Eisermann, Ulrike Dässler und Dr. Hermann Göbel) setzt sich seit 2004 für die Schul- und Berufsausbildung von Mädchen in Mali ein, um die Lebensverhältnisse von Frauen und deren Familien zu verbessern, unterhält seit 2004 in Bamako das Zentrum „Jigiya Bon“, ein Wohnheim für Schülerinnen und Auszubildende, betreibt ein Schneideratelier, vergibt Kleinkredite an Frauen und hat in einem Dorf eine Karitébutterfabrik und in fünf weiteren Dörfern Grundschulen gebaut.