Ein landwirt­schaftliches Ausbildungs­zentrum in Mali

Blick in den Campus

Das Centre de Formation Professionelle en Transformation Agro-Alimentaire, kurz Centre Agro-Alimentaire Siby (CAAS) ist eine berufsbildende Einrichtung für Mädchen und junge Frauen in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft im Süden Malis. Sie werden dort mit Methoden der Bodenverbesserung, modernen, produktiven und nachhaltigen landwirtschaftlichen Anbau- und Produktionstechniken, sowie Verfahren der Lebensmittelverarbeitung und -konservierung vertraut gemacht.

Es sind die Frauen, die in Mali oft in Frauenkooperativen den dorfnahen, kleinbäuerlichen Garten- und Obstbau: Auberginen, Tomaten, Erdnüsse, Zwiebeln, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Bohnen sowie Mangos, Guaven, Citrus-Früchte, Papayas etc. betreiben, die Viehwirtschaft besorgen – Federvieh, Kühe, Schafe und Ziegen -, und daneben die Feldfrüchte rudimentär verarbeiten , meist zu deren Konservierung. Deshalb konzentriert sich das CAAS auf die Förderung der Mädchen und Frauen.

Das CAAS ist bei Siby angesiedelt, einer ländlichen Kleinstadt, und im benachbarten Kalassa. Beide liegen im Mandé, einer Landschaft im Südwesten Malis, nach Norden vom Mandingo-Gebirge begrenzt, nach Süden vom Fluss Niger. Zu ihr gehören zwanzig ländliche Gemeinden. Siby liegt in deren Mitte, sechzig Kilometer südwestlich von der Hauptstadt an der Nationalstraße Nr. 5, einem Knotenpunkt auf dem Weg nach Guinea. Hier findet jeden Samstag der größte Wochenmarkt südwestlich von Bamako statt. Der Standort ist für ein Berufsbildungszentrum deshalb besonders geeignet. 

Die Bevölkerung des Mandé besteht im Wesentlichen aus Malinke und Bambara, zwei Ethnien, die Ackerbau betreiben. Abholzung, Abnahme der Bodenfruchtbarkeit, ungenügendes Saatgut, starkes Bevölkerungswachstum, Klimawandel und die damit spärlicher werdenden Niederschläge lassen die Pro-Kopf-Erträge aus dem Ackerbau sinken, die ländliche Armut zunehmen und erzeugen Landflucht.

Die Abhängigkeit von Naturereignissen und die Unberechenbarkeit der Ernten haben die afrikanische Gesellschaft viele Formen praktischer Solidarität hervorbringen lassen: Gruppen und Vereine, die auf gegenseitiger Hilfe basieren. Dies gilt vor allem für Frauen. Im Mandé gibt es eine Fülle solcher Vereinigungen und Genossenschaften. Diese sind die zweite Zielgruppe des CAAS: denn über sie finden neue Denkweisen und Methoden des Anbaus oder der Verarbeitung die gewünschte gesellschaftliche Verbreitung.

Workshop zu Baumpflanzungen
Im Gemeinschaftsgarten in Dissoumana

Praktische Fortbildungsveranstaltungen für Mitglieder dieser Vereinigungen finden großen Anklang. Themen sind z.B. Kompostierung, Anpflanzung und Vermehrung von Bäumen, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Auf größtes Interesse stoßen die Kurse zur Verarbeitung von Maniok.

Peter Josef Lenné, der berühmte Landschaftsplaner sprach bei der Anlage seiner Parks und Gärten gerne von der „Wirkung und der Macht des Beispiels“. Das ist eine der Leitlinien des CAAS: Mit den realisierten Maßnahmen Beispiele setzen, die in gleicher oder abgewandelter Form zur Nachahmung anregen. Es geht darum, konkrete Beispiele zu setzen, die nachweisen, dass funktioniert, was intendiert war. Das gilt nicht nur für die Grundversorgung, Bildung und Gesundheit, sondern auch und vor allem für die Acker- und Gartenbau, Viehzucht und kleingewerbliche Lebensmittelverarbeitung – erproben und nachweisen: Es geht und es lohnt sich. Dazu dienen die beiden Orte der praktischen Arbeit: Der Schulgarten und der landwirtschaftliche Betrieb

Intensive Kontakte bestehen zur Hochschule für Landwirtschaft in Katibougou (Teil der malischen Universität), zum Institut de l’Économie Rurale (IER) und zum International Crops Research Institute for the Semi-Arid-Tropics (ICRISAT). Dort kann das CAAS Beratung und ggf. wissenschaftliche Begleitung abrufen.

Zuständig für das CAAS ist das Ministère de l’Entreprenariat National, de l’Emploi et de la Formation Professionnelle. Wegen seines innovativen und experimentellen Charakters ist das CAAS direkt beim Kabinett des Ministeriums angebunden. Als directeur national de la formation professionelle fungiert Herr Yacouba Garba Maiga als Ansprechpartner des CAAS. Er ist zugleich Vorsitzender des Beirats des CAAS.

Die architektonische Planung liegt in den Händen des Münchener Büros Wieland Schmidt Architekten (WSA). Projektarchitekt ist Max Hahner. Die Bauarbeiten führt das malische Unternehmen Métal Soudan aus. Für die Haus- und Solartechnik zeichnet das malisch-deutsche Unternehmen Yandalux Solar verantwortlich.

Angesichts der Größe und Komplexität des Vorhabens wurde für den Aufbau und den Betrieb des Zentrums eine gesonderte, unabhängige und gemeinnützige GmbH gegründet, die Centre Agro-Alimentaire Siby (CAAS) gGmbH.

Nachhaltigkeit

Das CAAS soll für die absehbare Zukunft die Referenz für praktische, biologisch-landwirtschaftliche Ausbildung für Mädchen und junge Frauen in Mali (und Westafrika) werden und als Antrieb der lokalen Wirtschaft des Mandé fungieren. Neue Formen der kleinbäuerlichen Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln erforschen und propagieren.

Einen zunehmenden Teil der laufenden Kosten kann das CAAS durch Einnahmen aus der landwirtschaftlichen Produktion, Einnahmen aus der Elektrifizierung und Wasserversorgung des Dorfes Kalassa und die Vermietung der Räumlichkeiten selbst erwirtschaften. Durch seine gelungene Architektur, die großzügigen Räumlichkeiten und Verpflegungsmöglichkeiten ist der Campus schon jetzt ein begehrter Ort für überregionale Events. Da die Auszubildenden selbst nur über sehr geringe Mittel verfügen, wird der Ausbildungsbetrieb auf externe Finanzierung angewiesen bleiben.

Der Aufbau des Centre Agro-Alimentaire wird im Rahmen einer Sonderförderung durch die Klaus Tschira Stiftung unterstützt. Bis in das Jahr 2027 ist es voll finanziert. Wir arbeiten an einem langfristigen Finanzierungsmodell, das die Nachhaltigkeit des Projektes gewährleistet. Ein wichtiger Partner ist hier das malische Arbeitsamt, die Agence Nationale pour l’Emploi (ANPE). Im April 2023 konnte ein Kooperationsabkommen unterzeichnet worden und im selben Jahr erhielt das CAAS bereits eine Förderung von 70.000 Euro.

Auszubildende mit aus dem Schulgarten geerntetem Gemüse

Kontakt

Centre Agro-Alimentaire Siby (CAAS) gGmbH
c/o Gunthard Weber
Schloßhof 6
D-69168 Wiesloch
info (at) caas-mali (punkt) de

Häuser der Hoffnung – Schulbildung für Afrika e.V.
Ettlinger Straße 13
D-76137 Karlsruhe
info (at) haeuser-der-hoffnung (punkt) org