Dorfentwicklung

Einbindung in die Region

Die Einbindung des CAAS in die Region ist uns besonders wichtig. Das gesamte Konzept des Projekts basiert auf einer transparenten und partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Menschen der Region. Das  CAAS hat an den genutzten Liegenschaften kein Eigentum erworben, sondern sich in Form von Partnerschaftsverträgen mit den Kommunen deren unbefristete Nutzung gesichert. Zwei der vier Liegenschaften des CAAS hat die ländliche Kommune Siby dem CAAS gegen eine symbolische Pacht zur unbefristeten Nutzung überlassen: den Campus und den Annex. Die Familie des Dorfchefs von Kalassa, Kalifa Konaté, übertrug dem CAAS das Eigentum an den beiden weiteren Geländen, dem Complexe Agricole (5 ha) und dem Schulgarten (1 ha), kostenlos.

Das Dorf Kalassa

Historischer Hintergrund

Das CAAS trägt das „S“ in seinem Namen wegen Siby: Centre Agro-Alimentaire à Siby. Das CAAS wollte sich in Mali nur an einem Ort ansiedeln, der ihm als Partnerleistung für die kommenden Investitionen kostenlos ein geeignetes Grundstück von fünf Hektar anböte. In Siby hatte die malische Administration dem deutschen Partner, also dem späteren CAAS, ein solches Gelände angeboten – aus staatlichem Besitz (domaine de l’état), wie es hieß. Das lag direkt hinter dem Sitz des Unterpräfekten auf der nördlichen Seite der Landstraße und schien grundsätzlich geeignet. Nur war es – so stellte sich später heraus – mit Problemen behaftet, insbesondere mit althergebrachten, individuellen und familiären Nutzungsrechten, teils aus vor-kolonialer, teils aus kolonialer und teils aus der Zeit seit der Unabhängigkeit Malis.

Das Knäuel an Ansprüchen, vermeintlichen oder tatsächlichen, erwies sich trotz intensiver Bemühungen des für die berufliche Bildung – und damit auch für das CAAS – zuständigen Ministeriums letztlich als unlösbar. In Mali gibt es weder Grundbuch noch Kataster. Was zur sogenannten „staatlichen Domäne“ gehört, ist deshalb weitgehend unklar. 

Den sozialen Konflikt betrieben – ein für Mali typisches Muster – die Altvorderen des Ortes, teils längst in die Hauptstadt Bamako übergesiedelt, die es als ihr selbstverständliches Privileg betrachteten, von einer solchen Investition als erste und in besonderem Maße zu profitieren. Darin sahen sie sich im Falle das CAAS – ganz zu Recht … getäuscht; sie  gingen leer aus. Für sie war unvorstellbar, dass sich jemand bei ihnen ansiedeln sollte, der ihnen dafür nicht zuvor seinen Obolus entrichtet hatte. Noch wichtiger war vielleicht ihr Status: Alle vor Ort sollten begreifen: an ihren führe kein Weg vorbei. Um so herber ihre spätere Enttäuschung, als sich das als Illusion herausstellte.

Das CAAS war in den Jahren 2018 und 2019 ganz mit dem Ausbau des Campus und später auch des Annex beschäftigt. Das eigentliche Gelände sin Siby sollte erst erschlossen werden, nachdem der Campus fertiggestellt wäre. Der untergründig vorbereitete Konflikt wurde nur allmählich wahrnehmbar, spitzte sich dann aber rasch zu. Alle Interventionen blieben erfolglos. Im Frühjahr 2020 beschloss das CAAS deswegen, sich von dem Gelände in Siby zu verabschieden. Es hätte keinen Sinn gemacht, sich im Streit Zugang erzwingen zu wollen.

Campus und Annex grenzen unmittelbar an das Dorf Kalassa an. Dieses hatte ein drängendes Problem, als das CAAS vor Ort auftauchte. Ein Sturm hatte das Schuldach abgedeckt. Diesen Notfall hatte der Schulleiter Dr. Gunthard Weber vorgetragen und der hatte sofort die Wiederherstellung der Schule, schöner und besser als zuvor, eingeleitet (das lief damals über den Verein Häuser der Hoffnung). Das hatte dem CAAS im Dorf und bei dessen Chef den Ruf eines zugewandten und zuverlässigen Partners eingetragen. 

Als sich das CAAS nun zwei Jahre später auf der Suche nach einem neuen kostenlosen Standort für Garten und Betrieb an das Dorf wandte, standen ihm dort die Tore offen. Ohne jede Intervention Dritter bot das Dorf in Person seines Chefs, Kalifa Konaté, dem CAAS ein ebenes Gelände von einem Hektar mitten im Dorf für den Schulgarten an und dazu ein zerklüftetes Gelände von fünf Hektar am Rande des Berges auf der nördlichen Seite der Straße, unmittelbar an die Landstraße angrenzend und frei von jeder potentiellen nachbarlichen Beeinträchtigung. Für die Zwecke des CAAS ideal, wen auch weit aufwändiger herzurichten. Dem Dorf versprach das CAAS im Gegenzug ganz vage „Entwicklung“.

Für das CAAS fiel damit alles ins Lot: Seine Einrichtungen befinden sich sozial gut verankert an einem einzigen Ort und in ländlichem Umfeld. Von hier aus lässt sich alles, was man in Center ausprobiert, einfach und direkt  in die Umgebung hinaustragen.

Für das Dorf Kalassa brachte es Beschäftigung – auf dem Bau, im Campus und im Betrieb – einen dörflichen Entwicklungsplan samt Vermessung, eine Gesundheitsstation, eine Mittelschule, eine dörfliche Wasserversorgung, eine dörfliche Stromversorgung und vieles andere mehr. Weder das Dorf, noch das CAAS haben diese Entscheidung je bereut. 

Schulbau und Gesundheitszentrum

Der Wiederaufbau der von einem Sturm zerstörten Grundschule des Dorfes in Zusammenarbeit mit Häuser der Hoffnung e.V. war ein Akt nachbarschaftlicher Hilfe, der die Grundlage für das freundschaftliche Vertrauensverhältnis mit dem Dorf bildete. Die Firma Yandalux GmbH stattete die Schule außerdem mit einer kleinen Solaranlage für die Beleuchtung der Klassenräume aus.

Im Dorf Guéna, Kalassa verbunden, aber oben auf dem Mandingo-Plateau gelegen, finanzierte das CAAS 2023 mithilfe einer privaten Spende eine Grundschule anstelle einer von einem Sturm abgedeckten Halle, die zuvor für diesen Zweck gedient hatte. 

In Kalassa selbst bereitet das CAAS die Erweiterung der Grundschule um die Klassen 7 bis 9 vor (der sogenannte second cycle). Diese Erweiterung dürfte im Jahr 2024 abgeschlossen sein. 

Mit Unterstützung der Heidehof Stiftung Stuttgart konnte die baufällige frühere Geburtsstation in Kalassa zu einem modernen ländlichen Gesundheitszentrum mit Krankenabteilung samt Ambulanz und Entbindungsstation ausgebaut werden. Der Komplex soll als Centre de Santé Communitaire (CESCOM) anerkannt werden und für durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geförderte Krebsvorsorgeuntersuchungen genutzt werden.

  • Grundschule in Kalassa
  • Neue Schulbänke
  • Schulspeisung
  • Die neue Geburtsstation
  • In der Geburtsstation
  • Komittee für das Gesundheitszentrum

Entwicklungsplan

Für das Dorf war die im Jahr 2022 abgeschlossene Arbeit an einem Dorf-Entwicklungsplan samt topographischer Erfassung von zentraler Bedeutung. Alle Einwohner mussten sich über den Verlauf von Plätzen, Straßen und Gassen einigen und damit zugleich über die  eigenen Grundstücksgrenzen. Das war eine unabdingbare Voraussetzung für die Elektrifizierung und Wasserversorgung des Dorfes. 

Dorfversammlung zu den Themen Elektrifizierung und Wasserversorgung in der renovierten Grundschule von Kalassa

Wasserversorgung und Elektrifizierung 

Die Wasseranlagen des CAAS (Bohrbrunnen Tauchpumpen, Wassertürme) sichern über acht Zapfstellen die Versorgung des Dorfes mit Trinkwasser. Bereits 2022 wurde eine durch die Brunnenanlage des Schulgartens gespeiste Zapfstelle eigerichtet, an der sich die Dorfbevölkerung in der Trockenzeit kostenlos mit Trinkwasser versorgen kann. 

Die beiden Photovoltaik-Anlagen auf dem Campus (130 kWp) und auf dem Landwirtschaftsbetrieb (170 kWp) werden derzeit miteinander verbunden und sollen ab Ende des Jahres 2023 neben dem CAAS selbst die rund 50 privaten Höfe des Dorfes plus bis zu 5 kleingewerbliche Betriebe mit Strom versorgen. Zugleich wird eine öffentliche Beleuchtung von Straßen und Plätzen eingerichtet. Haushalte und Betriebe erhalten ein- bzw. dreiphasigen Zähler. 

Strom und Wasser – eine Neuheit für das Land – sind über aufladbare Kreditkarten zu beziehen, um die Probleme mit unbezahlten Rechnungen zu vermeiden, die in Mali sonst oft die Grundversorgung lähmen. Die Gebühren für Strom und Wasser sollen nicht nur die Kosten des laufenden Unterhalts decken, sondern auch einen Deckungsbeitrag für die Ausbildung erwirtschaften.

Das Wasser ist dem gleichen Preis erhältlich, den die landesweit agierende Société Maligne de la Gestation des Eaux Potables (SOMAGEP) ihren Kunden brechet, 500 FCFA (0,76€) pro Kubikmeter. Der Preis für die Elektrizität wird sich auf ca. 150 FCFA (0,25 €) pro Kilowattstunde belaufen.

Verkehrsberuhigung

Der Bau mehrerer Straßenschwellen Route Nationale Nr. 5, zuvor eine Rennstrecke für Lastwagen, hat für eine wirkungsvolle Verkehrsberuhigung gesorgt. Im Rahmen eines feierlichen Baumpflanzungstages im Beisein zahlreicher Würdenträger im August 2022 wurden 500 Cailcédrats (Khaya Sénegalensis) zwischen der Ausfahrt Kalassa und dem Campus in Siby gepflanzt. Die Aktion war gemeinsam durch das CAAS, der Stadtverwaltung von Siby und dem technischen Dienst der Forstverwaltung vorbereitet worden. 

Pflanzung von Straßenbäumen 

Im August 2022 gab es im Rahmen einer Umweltwoche eine Aktion zum Pflanzen von Straßenbäumen. Die französischen Kolonialherren hatten sich im Soudan Français für die Sorte Cailcedrat (khaya sénegalensis) entschieden. Die wächst zwar langsam, ist aber langlebig, hat tiefe Wurzeln, hält – einmal ausgewachsen – auch trockene Zeiten aus, und ist wegen ihrer Rinde und ihres roten, harten Holzes sehr begehrt. Diese Bäume wurden in der Kolonialzeit in Zwangsarbeit gepflanzt. Sie hatten deshalb eine negative soziale Konnotation.

Seit der Unabhängigkeit setzte Mali eher auf schnell wachsende ausländische Varietäten (Eukalyptus, Teak, Nim u.ä.). Die haben jeweils ihre eigenen Nachteile. Deshalb empfehlen Dendrologen inzwischen die Rückkehr zur Cailcedrat und Baumschulen in Bamako vermehren sie. Derzeit ist die Nachfrage nach ihnen größer als das Angebot.

Bäume pflanzen ist einfach, sie großzuziehen ist eine andere Sache. Besonders schwierig ist es, sie im Sahel vor dem frei herumlaufenden Vieh zu schützen und sie über die langen Dürreperioden der Trockenzeit zu retten. In Kalassa ist dies mit gemischtem Erfolg gelungen: über die zwei Jahre, die seit der Pflanzung vergangen sind, haben 186 Bäume überlebt, das sind knapp zwei Fünftel, hinzu kommen 51 der vor einem Jahr nachgepflanzten. Bei der Pflanzung so junger Bäumchen, wie dies in Mali üblich ist, gilt diese Quote als guter Durchschnitt.

Wo sich die betroffenen Bewohner intensiv darum gekümmert haben, sind die jungen Bäume prächtig gediehen und inzwischen mehr als mannshoch. Wo die Bodenbedingungen und Pflege ungünstiger waren, sind sie noch immer aus dem gröbsten nicht hinaus.