Daga

Auf dem Wochenmarkt von Siby findet man am hinteren Ende, dort wo die Händlerinnen nicht mehr ganz so dicht an dicht stehen und sitzen und wo das Gedränge nicht mehr so groß ist und wo man die zerbrechliche Ware auf der Erde ausbreiten kann, die daga, leicht gebrannte Tontöpfe. Sie dienen zur Aufbewahrung des Trinkwassers. Die porösen Wände helfen zur Kühlung durch Verdunstung. Dagas braucht jeder ländliche Haushalt. 

Es sind die Töpferinnen selbst, die ihre Ware anbieten. Sie kommen aus Bancoumana, einer ländlichen Kleinstadt 24 Kilometer südlich von Siby. Der Schmied Koloko Nouma Sinama hat sich mit seiner Frau, einer Töpferin, vor sechzig Jahren hier angesiedelt. Seine Witwe lebt noch immer auf dem Hof. Um das ursprüngliche Haus herum haben sich über die Jahre vier seiner Söhne ihre Häuser gebaut. Die bewohnen sie mit ihren Frauen. Inzwischen sind bereits deren Söhne dabei zu heiraten. Derzeit leben hier vier Familien mit 53 Personen als Großfamilie zusammen. Zwölf Frauen sind im erwachsenen Alter, alle Töpferinnen. Und sämtliche ihrer Kinder arbeiten mit. 

Der zweite Sohn der Ursprungsfamilie Sinama hat zwei Frauen und mit ihnen insgesamt 15 Kinder. Von den vier Mädchen mit der ersten Frau – im Alter von zwanzig, achtzehn, vierzehn und zehn Jahren – sind alle auf dem Hof und arbeiten mit. Die Zehnjährige trägt das Baby der ältesten Schwester auf dem Rücken. Die junge Mutter stillt es beim Töpfern.

Die Frauen stellen drei Größen von Tontöpfen her. Alles in Handarbeit. Von den größten kann eine Frau am Tag 15 herstellen. Der gut durchgewalkte Klumpen Tonerde wird mit einem Stein gleichmäßig über eine bauchige Form geschlagen und trocknet etwa eine halbe Stunde an, bevor man den Rohling abnimmt. Gefärbt und verziert wird mit den Mineralfarben des Mandingo-Gebirges. Die Frauen der vier Haushalte haben jede ihre eigene Variante der Verzierung. Gebrannt werden die Krüge unweit vom Hof gemeinsam, übrigens nur zwei Stunden lang.

Der Großteil der Produktion geht an den Großhandel aus Bamako, der verbleibende Teil auf die Wochenmärkte von Bancoumana und Siby. 

Der Ton kommt vom Rande eines nahegelegenen Reisfeldes. In die Tongrube wandern auch die Scherben und Reste. Eine Töpferscheibe gibt es nicht. 

76 / Mai 2022