Brot gibt es in Westafrika erst seit der Kolonialzeit, in Mali also etwa seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Weizen wächst nicht, wo es nicht kalt wird. Nur ganz im Norden des Landes, in Timbuktu, hatten die Marokkaner schon hunderte von Jahren zuvor ihren Hartweizen und ihr Fladenbrot eingeführt, die beliebten Takolas.
Das französische Stangenbrot aus Weizenmehl, das Baguette hat sich, weil einfach und bequem, dennoch in ganz Westafrika als subventioniertes Grundnahrungsmittel zum staatlich festgesetzten Preis durchgesetzt. Die elektrisch oder mit Gas befeuerte städtische Boulangerie moderne ist der typische Ort seiner Herstellung. Eine Kleinbäckerei auf dem Lande ist eine Seltenheit. Eine solche befindet sich ausgerechnet in Kalassa. Sie stellt Oulafè (Abend) Bourou (Brot) her, Brot für den Abend. „Hier auf dem Land essen die Menschen ihr Brot meistens am Abend.“
Gebacken wird an sieben Tagen die Woche, täglich 800 Stangen Brot; alles Handarbeit. Dazu braucht es zweieinhalb Sack (= 125kg) Mehl am Tag. Ein Sack Mehl ergibt 350 kleine Baguettes. „Mal mehr, mal weniger; abgewogen wird hier nichts.“ Der Sack Mehl kostet 19.250 FCFA, zweieinhalb Sack am Tag 50.000 FCFA (75 Euro), die Hefe dazu: 2.700 FCFA (4 Euro). Mit dem Treibmittel geht man sparsam um. Auf dem Land mögen die Leute ein etwas festeres Brot. „Nicht so aufgebläht wie in der Stadt.“ Das Feuerholz kommt per Eselskarren, die Fuhre zu 5.000 FCFA (7,50 Euro). Sie reicht für drei, vier Tage.
Der Teig kommt in vier große Schüsseln. Jede Portion ist eine Stunde lang zu kneten. Knochenarbeit. Danach werden die Stangenbrote geformt; dann muss der Teig 15-20 Minuten gehen und anschließend zehn Minuten in den heißen Ofen. Mittags sind die ersten Baguettes fertig.
Die Wiederverkäufer stehen schon da mit ihrem Karton; sie nehmen jeweils zwischen vierzig und fünfzig Oulafè Bourou ab und verkaufen sie in Kalassa, in Siby und in den umliegenden Dörfern.
Die Söhne und Neffen des Bäckers erledigen die Arbeit des Knetens, Formens und Backens. Sie gehen noch zur Schule. Ihre Arbeit wird nicht monetär entlohnt, sie sind aber in die traditionelle Solidarität der Familie eingebunden und ihre Grundbedürfnisse werden in dem gleichen Maß abgedeckt, wie die anderer Familienmitglieder auch.