Boyôro

Auf dem Weg nach Guinea öffnet sich südwestlich des Mandingo-Gebirges eine nur spärlich erschlossene weite Buschlandschaft. Von der Asphaltstraße aus verlaufen kleine Pisten in nah gelegene Dörfer und von denen schmale Pfade in den tieferen Busch, wo Fahrzeuge kaum noch hinkommen. Vom Dorf Kodaba führt ein Feldweg zu einem Platz mit zwei größeren und zwei kleineren Meilern. Einer der Meiler raucht. Für einen weiteren ist das Holz bereits aufgeschichtet.

Zwölf Frauen der Großfamilie Keita nutzen diesen Boyôro, den Platz, auf dem man Holzkohle herstellt (auf Bamanan) für ihre Meiler. Sie sammeln das Holz im Busch, schlagen Zweige von den Bäumen oder fällen sogar kleine Bäume, bringen alles auf diesen Platz, schichten das Holz auf und umgeben es mit trockenen Gräsern. Darauf kommt eine Hülle aus Erde, mit der Schaufel festgeklopft.

Oben lässt man ein kleines Loch, aus dem der Rauch abzieht. Am zweiten Tag fügt man zur Ventilation weiter unten mehrere kleine Löcher hinzu. Ein großer Meiler glimmt eine Woche lang, ein kleinerer drei bis vier Tage. Die Holzkohle ist fertig, wenn der Meiler nicht mehr raucht. Die Glut wird mit Wasser abgelöscht. Über die erkaltete Holzkohle laufen die Frauen mit festem Schuhwerk, zertreten sie in kleine Stücke und füllen diese in Säcke. Ein großer Meiler ergibt achtzehn bis zwanzig Sack. Die Säcke stellen sie am Straßenrand ab. Dort kaufen die Großhändler sie auf und zahlen in bar. Die Holzkohle eines ganzen Meilers ergibt je nach Jahreszeit einen Erlös von sechzig bis fünfundsiebzig Euro.

Totes Holz im Busch zu sammeln, steht jedem frei. Die Meiler verkohlen aber zu einem guten Teil dicke Äste und auch schon mal kleinere Bäume. Holz schlagen ist streng verboten. Männer, die man dabei erwischt, nähme man gleich in Gewahrsam. Die Frauen dagegen können es sich leisten, nahe an der Asphaltstraße ihre Meiler zu betreiben. Die Forstwächter lassen sie eher gewähren, weil sie es sind, die die Kinder ernähren.

 

50 / April 2020