Koumba Kanté

Mit sechzehn Jahren wurde Koumba Kanté verheiratet. Ihre Eltern hatten den Ehemann ausgesucht. Er stammte aus Narena, dreißig Kilometer entfernt, war Mitte dreißig, zwar arm, aber Bauer und Schmied, das gab den Ausschlag. Den Brautpreis, 20.000 Francs Mali (30 Euro) konnte er eben aufbringen. Heute ist Koumba Mitte achtzig. Ihr Ehemann ist vor 38 Jahren gestorben. Koumba war seine alleinige  Ehefrau. 

„Wir sind Forgerons (Schmiede). In unserer Tradition und Großfamilie heiratet man nur eine Frau“, erklärt der Sohn. „Ich war damals ganz zufrieden, denn mein Ehemann wollte keine weitere Frau. Dazu war er zu arm. Später hätte ich gerne eine oder zwei Ehefrauen neben mir gehabt. Wir wären Freundinnen gewesen. Wir hätten zusammen gearbeitet und uns gemeinsam um die Kinder gekümmert.“ 

Koumba hat elf Kinder zur Welt gebracht, neun Söhne und zwei Töchter. Nur ein einziges davon hat die Schule besucht. Ihr Sohn Gimba war mit einem Nachbarsjungen befreundet. Dessen Vater, ein Bauer mit einiger Schulbildung, hat ihn zusammen mit seinem eigenen Sohn in die Schule geschickt und auch die Schulgebühren für ihn bezahlt. Gimba Kanté, 56 Jahre alt, arbeitet heute im Bürgermeisteramt der Kreisstadt Kayes. 

Alle ihre elf Kinder sind (oder waren) verheiratet. Koumba hat 54 Enkelkinder: 35 Jungen und 19 Mädchen. Der älteste Enkel ist 45 Jahre alt, der jüngste sechs Monate. Alle Enkelkinder gehen oder gingen in die Schule. Sieben ihrer Kinder leben in Kalassa, zwei sind nicht mehr am Leben.

Koumba Kanté ist Töpferin. Den Beruf hat sie von ihrer Mutter gelernt. Eine typische Arbeit für die Frau eines Schmieds. Dreißig bis vierzig Krüge, große und kleine, stellte sie pro Woche her. Den Ton holte sie von der anderen Seite des Berges. Töpfern mochte Koumba gerne: „Tag und Nacht.“ – „Mein Leben war nur Arbeit. Und doch hat es oft zum Essen nicht gereicht. Es gab viele Tage an denen die Kinder weinten, weil es nichts zu essen gab.“

Gereist ist Koumba zwei Mal in ihrem Leben: beide Male nach Bamako und jeweils nur für einige Tage. Das war, als sie ungefähr zwanzig war. Sonst kennt sie nur die Dörfer der Umgebung „von Märkten oder Hochzeiten“.

73 / Februar 2022