Baobab 2

Sitan Rama, 25 Jahre alt, ist unverheiratet und hat zwei Kinder. Ihre Familie stammt aus Bankass im Dogonland. Sie selbst ist in Bamako geboren und aufgewachsen. Eine Schule hat sie nicht besucht.

In der Regenzeit kommt Sitan Rama fast täglich die 60 Kilometer von Bamako nach Siby, um hier die Blätter der Baobab-Bäume zu ernten. Das hat schon ihre Mutter getan. Sitan hat sie begleitet, seit sie zehn Jahre alt war. Damals zogen die beiden dafür in die Umgebung von Bamako. Heute gibt es dort keine mehr, alles ist zugebaut. 

Geerntet wird in der Regenzeit, von Juni bis August. Die Vorsaison beginnt zaghaft in den heißen Monaten (April und Mai), dann gibt es wenig Blätter, sie sind aber teurer.

Sitan steigt behände auf einen hohen Baobab. Beim Schneiden der  Blätter wendet sie sich geschickt hin und her. Den Eigentümer des Baums kennt sie seit drei Jahren, seitdem erntet sie dessen Baum jedes Jahr mehrmals ab. Wenn es gut regnet, kann sie die Blätter drei Mal lesen. Kein Regen, keine Blätter.

Stunden später sind drei Bündel in Tücher gebunden, jedes an die zwanzig Kilo schwer. Drei Wiederverkäuferinnen holen die Ware noch am gleichen Abend bei ihr in Bamako ab. Für jedes Bündel dieser Größe und Schwere erzielt sie 5.000 FCFA. 

An Kosten sind ihr entstanden: 4.000 FCFA für den Eigentümer des Baobab. 300 FCFA für den Eselskarren bis zum Sammeltaxi und 3.000 FCFA für den Transport von und nach Bamako, macht mit kleinen Nebenausgaben zusammen 8.000 FCFA. Ihr bleibt ein Erlös von 7.000 FCFA (10 Euro) für einen langen Arbeitstag. Ein besonders gutes Geschäft, sagt Sitan. So ist es nicht alle Tage. 

78 / Juli 2022